Hausmittel

Milch gegen Reflux

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© PantherMedia / Luis Santos

Milch ist ein altbekanntes Hausmittel gegen Sodbrennen (Pyrosis). Unter Sodbrennen versteht man den Rückfluss (Reflux) von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre, ein Symptom, das physiologisch – also auch bei gesunden Menschen - nach besonders großen, fettreichen Mahlzeiten oder Alkoholgenuss auftreten kann. Sodbrennen (engl. „heart-burn“) kann sich durch Oberbauchbeschwerden und charakteristisch brennende Brustschmerzen bemerkbar machen. Schränkt der Reflux jedoch die Lebensqualität ein oder stellt gar ein Gesundheitsrisiko dar, spricht man von der Gastrooesophagealen Refluxkrankheit (GERD) [1]. Bei der Behandlung der GERD kann eine Ernährungsumstellung besonders hilfreich sein. Im Folgenden soll beleuchtet werden, ob dies auch für den Milchgenuss gilt.


Wie und warum hilft Milch gegen Sodbrennen?

Hauptgefahr beim Sodbrennen sind die durch den sauren Mageninhalt hervorgerufenen entzündlichen Schäden an der Schleimhaut der Speiseröhre. Der pH-Wert der Magenflüssigkeit liegt, bedingt durch die azide Salzsäure, ungefähr zwischen 1 und 1,5. Schädlich für die Speiseröhre sind längere Episoden mit einem pH unter 4. Schutz bietet physiologisch der untere Oesophagussphinkter, ein Ringmuskel-ähnlicher Verschluss, der den Rückfluss des Mageninhalts verhindern soll [2].

Um Schmerzen und Schäden an der Schleimhaut der der Speisreöhre zu reduzieren, erscheint es daher logisch, den pH-Wert des Mageninhalts zu erhöhen, sodass dieser „weniger sauer“ ist. Auch ein höherer Sphinkterdruck kann den Rückfluss von Mageninhalt eindämmen.

Das typisch brennende warme Gefühl in der Brust kann durch kühle Getränke, wie z.B. Milch, kurzfristig gelindert werden. Hauptverantwortlich für die Wirkung der Milch sind aber deren Bestandteile. Milch setzt sich neben Kohlenhydraten (besonders Lactose), Eiweißen und Milchfett auch aus Proteinen (ca. 3,5%) zusammen. Caseine machen 80% des Milchproteinanteils aus, weiterhin sind Immunoglobuline (Antikörper) und Serumalbumine enthalten. Dieser Proteinanteil senkt im Magen und Zwölffingerdarm die Produktion des Hormons Gastrin, welches die Säureproduktion ankurbelt. Eine geringere Gastrinproduktion wirkt sich daher günstig auf den pH-Wert des Magens aus. Ähnlich wirkt der Kohlenhydratanteil der Milch (ca. 5%) [3] [4].

Fett hemmt hingegen die Magenentleerung über die Produktion des Hormon Colestystokinin. Freie Fettsäuren, wie sie in der Milch enthalten sind, können dadurch die Refluxsymptomatik verschlimmern [3]. Vollmich mit einem hohen Fettanteil sollte bei Sodbrennen daher vermieden werden, fettarme Magermilch wirkt mit ihrem geringerem Fettanteil günstiger.

Was muss bei der Anwendung und Dosierung beachtet werden?

Der pH-Wert von Milch schwankt zwischen 6,7 und 4,7 (saure Milch). Ursache dafür sind die in der Milch enthaltenen Bakterien, die Laktose zu Milchsäure verarbeiten. Einem sauren Mageninhalt wirken aber nur neutrale (pH 7) bis leicht alkalische (pH > 7) Flüssigkeiten bzw. Nahrungsmittel entgegen. Daher sollte besonders auf saure Milchprodukte, wie beispielsweise Yoghurt oder Hartkäse verzichtet werden. Gerade dieser Zusammenhang hat in den letzten Jahren in der Medizin zu der Ansicht geführt, dass Milch, besonders bei schweren Fällen einer Refluxkrankheit, nicht wirksam ist [5]. Auch bei scheinbar pH-freundlichen Milchprodukten sollte sich der Konsum in Grenzen halten. Ein Glas Milch kann also bei akutem Sodbrennen förderlich sein, sollte aber weder als Allheilmittel bei Sodbrennen betrachtet noch in großen Mengen verzehrt werden.

Gibt es Nebenwirkungen und Risiken?

Die in der Milch enthaltene Laktose kann bei einer Laktoseintoleranz zu starken Beschwerden führen. Ein genetisch bedingter Mangel des Enzyms Laktase, das Laktose in die Zuckerbestandteile Glukose und Galaktose spaltet, führt dazu, dass die unverdaute Laktose in den Dickdarm gelangt. Hier wird sie durch die im Dickdarm physiologisch vorkommenden Bakterienkulturen in Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Fettsäuren gespalten. Je nach der Restaktivität der Laktase kann die Symptomatik mit Bauchschmerzen, Durchfall (Diarrhoe) und Blähungen auftreten und unterschiedlich stark ausfallen. Die Prävalenz (Häufigkeit) der Laktoseintoleranz liegt in Deutschland bei 15% und sollte daher bei der Selbstmedikation mit Milch und dabei resultierenden Beschwerden in Erwägung gezogen werden [6]. Bereits kleinste Mengen Milch führen bei einer Milcheiweißallergie zu Beschwerden. Es handelt sich dabei nicht um einen Enzymmangel, sondern um eine allergische Reaktion gegen die Milchproteine Casein und Lactalbumin, die besonders bei Kleinkindern auftritt (Prävalenz 2-3%). Die Symptome einer Milcheiweißallergie werden durch Immunoglobuline, besonders das IgE, vermittelt. Die Aktivierung von speziellen Mastzellen kann dann über die Freisetzung von Gewebshormonen zu Hautausschlägen, Atembeschwerden, Durchfall und Bauchschmerzen führen [7].

Sodbrennen ist also ein Symptom, dass temporär begrenzt oder im Rahmen einer ernsthafteren Erkrankung, wie der gastrooesophagealen Refluxkrankheit auftreten kann. Sollte die Symptomatik des Sodbrennens über längeren Zeitraum anhalten oder sich zusätzlich Beschwerden nach dem Genuss von Milch einstellen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.