Reflux beim Kind: Schulmedizin

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Reflux im Kindesalter ist meist nur ein vorübergehendes Krankheitsbild, das sich in der Regel mit zunehmendem Alter des Kindes von alleine auswächst. Auch ist eine gastroösophageale Refluxkrankheit nicht mit dem – vor allem im Säuglingsalter typischen – Aufstoßen nach dem Essen zu verwechseln. Letzteres erfordert nämlich in der Regel keine Behandlung, während die Refluxkrankheit bei häufigerem Auftreten immer therapiert werden sollte. Meistens reichen bereits Allgemeinmaßnahmen wie eine Änderung der Ernährung aus, um zu einer Besserung der Symptome zu führen. Erst danach kommen medikamentöse Maßnahmen in Betracht, die im folgenden Text genauer erklärt werden. Versagen auch diese oder liegt eine bedeutende anatomische Veränderung wie ein großer Zwerchfellbruch vor, kann anschließend auch eine Operation sinnvoll sein.


Reflux beim Kind
Ursache 1: Wachstumsbedingte Ursachen
Behandlung mit Schulmedizin: Das sollte man wissen!
Ist eine Behandlung mit Schulmedizin ausreichend?
Ja
Was sollte man während des Behandlungszeitraums vermeiden?
Flache Lagerung des Kindes nach den Mahlzeiten, dünnflüssige Säuglingsnahrung

Bei wachstumsbedingten Ursachen liegt meist eine Verdauungsstörung für besonders flüssige Nahrung vor. Der kindliche Speiseröhrenschließmuskel ist noch zu undicht, um auch flüssige Bestandteile am Aufsteigen zu hindern. Therapieziel ist daher eine Andickung des Speisebreis. Dies kann beispielsweise durch Zugabe von Stärke erfolgen [1]. Erst danach werden Spezialnahrungen eingesetzt, die verschiedene Anti-Reflux-Zusätze enthalten können [2]. Dies führt in der Regel zu einer Besserung der Beschwerden. Wird dennoch eine weitere Therapie benötigt, können die im Abschnitt „Zwerchfellhernie“ genannten medikamentösen Maßnahmen in Betracht kommen.

Johannesbrotkernmehl

Verschreibungspflichtig: Nein 

Für Kinder geeignet: Ja – bereits im Säuglingsalter 

Für Schwangere geeignet: Nein 

Hauptwirkung: Bindung der Flüssigkeit in der Babynahrung

Hergestellt wird dieses Mehl aus den Samen der Tropenfrucht Johannisbrot. Durch die Bindung der Flüssigkeit in der Säuglingsnahrung kommt es zu einem Andicken des Speisebreis. Als ideale Dosierung gilt eine Menge 3 g Johannisbrotkernmehl auf 1 l Flüssignahrung. Hiermit konnte in einer Studie eine deutliche Erniedrigung des pH-Werts in der Speiseröhre erzielt werden, bei gleichzeitig sehr guter Verträglichkeit [2]. Kommerzielle Produkte die Johannesbrotkernmehl enthalten sind beispielsweise HiPP Anti-Reflux Bio-Spezialnahrung, Aptamil AR Andickungsmittel oder Nestlé BEBA A.R.

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Reflux beim Kind
Ursache 2: Kuhmilchallergie
Behandlung mit Schulmedizin: Das sollte man wissen!
Ist eine Behandlung mit Schulmedizin ausreichend?
Meist nicht erforderlich
Was sollte man während des Behandlungszeitraums vermeiden?
Alle Nahrungsmittel mit Kuhmilch als Bestandteil

Bei einer Kuhmilchallergie ist die wirksamste Therapie der konsequente Verzicht auf alle Nahrungsmittel, die Kuhmilch enthalten. Nicht zu verwechseln ist eine Kuhmilchallergie mit einer Laktoseintoleranz. Letztere kann durch Gabe des in Tablettenform erhältlichen Enzyms Laktase behandelt werden. 

Schulmedizinisches Präparat

Da der konsequente Verzicht auf alle Nahrungsmittel, die Kuhmilch enthalten, die effektivste Therapieform ist, kommen hier in der Regel keine Medikamente zum Einsatz. 

Reflux beim Kind
Ursache 3: Chronische Lungenerkrankungen
Behandlung mit Schulmedizin: Das sollte man wissen!
Ist eine Behandlung mit Schulmedizin ausreichend?
Abhängig von der Grundkrankheit
Was sollte man während des Behandlungszeitraums vermeiden?
Rauchen in der Nähe des Kindes

Bei chronischen Lungenerkrankungen steht meist die Symptomatik der Grunderkrankungim Vordergrund, während ein Reflux hier meist nur Begleitsymptom ist. Daher orientiert sich auch die Behandlung an der Lungenerkrankung und nicht am Reflux. Dazu kommen abhängig von der Grunderkrankung verschiedene Inhalativa zum Einsatz, die für eine bessere Belüftung der Lunge sorgen. Bei Infektionen, die auch im Rahmen eine Mukoviszidose gehäuft auftreten, werden verschiedene Antibiotika eingesetzt [3].

Salbutamol

Verschreibungspflichtig: Ja 

Für Kinder geeignet: Ja, ab 4 Jahren [4] 

Für Schwangere geeignet: Nein 

Hauptwirkung: Erweiterung der Bronchien

Insbesondere bei akut auftretenden Atembeschwerden ist Salbutamol gut zur rein symptomatischen Therapie geeignet. Eine Behandlung der Grunderkrankung findet dagegen nicht statt. Salbutamol führt zu einer schnellen Erweiterung der Bronchien und damit zu einer besseren Belüftung der Lunge [5]. Dies kann insbesondere bei einem Asthmaanfall lebensrettend sein. Produkte mit Salbutamol als Wirkstoff sind beispielsweise VENTOLIN DiskusSALAMOL Autohaler Dosieraeros oder Ipramol.

Amoxicillin

Verschreibungspflichtig: Ja 

Für Kinder geeignet: Ja, ab Geburt 

Für Schwangere geeignet: eingeschränkt einsetzbar 

Hauptwirkung: Hemmung des bakteriellen Zellwandaufbaus

Bei Amoxicillin handelt es sich um ein Antibiotikum aus der Gruppe der Penicilline. Zur Behandlung von Atemwegsinfekten wie beispielsweise eine Lungenentzündung gilt es sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern als Medikament der 1. Wahl [6]. Die Dosierung und Verschreibung erfolgt gewichtsadaptiert durch einen Arzt.

Reflux beim Kind
Ursache 4: Zwerchfellhernie
Behandlung mit Schulmedizin: Das sollte man wissen!
Ist eine Behandlung mit Schulmedizin ausreichend?
Ggf. kann zusätzlich eine Operation erforderlich sein
Was sollte man während des Behandlungszeitraums vermeiden?
Alle typischen refluxauslösenden Nahrungsmittel

Während bei stark ausgeprägten Zwerchfellhernien mit kompletter Verlagerung des Magens in die Brusthöhle in der Regel primär eine operative Therapie steht, kommen bei leichter Ausprägung vor allem Medikamente zum Einsatz. Diese sollten allerdings auch erst nach Ausschöpfen von Allgemeinmaßnahmen und dem Andicken des Speisebreis bei Säuglingen stehen. Bei Kleinkindern sollten sie nur in ausgewählten Einzelfällen eingesetzt werden.

Pantoprazol

Verschreibungspflichtig: Abhängig von der Dosierung 

Für Kinder geeignet: Ja, empfohlen erst ab 12 Jahren 

Für Schwangere geeignet: Ja 

Hauptwirkung: Blockade der Magensäureproduktion

Pantoprazol ist wichtigster Vertreter der sogenannten Protonenpumpenhemmer. Diese Medikamentengruppe blockiert die Mangensäureproduktion unmittelbar an den Magenzellen. Dadurch fällt die Magensäure als schleimhautschädigender Faktor in der Speiseröhre weg [6].

Bei Kindern mit Lungenerkrankungen sollten Protonenpumpenhemmer dagegen vermieden werden. Durch die fehlende Säure können sich Bakterien im Magen vermehren. Während dies im Magen selbst meist zu keinen Problemen führt, kann eine Vermehrung der Bakterien in Kombination mit einem Reflux dazu führen, dass die Bakterien in die Lunge gelangen [7]. Insbesondere bei Vorerkrankungen der Lunge können dadurch leicht Infektionen entstehen

Omeprazol

Verschreibungspflichtig: Nein 

Für Kinder geeignet: Ja, ab Säuglingsalter 

Für Schwangere geeignet: Ja 

Hauptwirkung: Blockade der Magensäureproduktion

Omeprazol ist ebenfalls ein Protonenpumpenhemmer und kann als Alternative zu Pantoprazol eingesetzt werden. Wirkprofil und Nebenwirkungen sind mit denen von Pantoprazol nahezu identisch.

Cimetidin

Verschreibungspflichtig: Ja 

Für Kinder geeignet: Nur eingeschränkt einsetzbar 

Für Schwangere geeignet: Nein 

Hauptwirkung: Blockade der hormonellen Stimulation der Magensäureproduktion

Cimetidin, das zur Gruppe der Histamin-Rezeptor-Antagonisten gehört, ist generell schwächer wirksam als Protonenpumpenhemmer [9]. Histamin-Rezeptor-Blocker wirken durch eine Blockade des Histaminrezeptors. Histamin ist ein Gewebshormon, welches die Produktion der Magensäure anregt. Da die Säureproduktion auch noch durch andere Hormone stimuliert wird, gelingt hier nie eine vollständige Unterdrückung der Säureproduktion. Aufgrund des schlechten Nutzen-Risikoprofils im Vergleich zu Protonenpumpenhemmern werden Histamin-Rezeptor-Blocker bei Kindern in der Regel nicht eingesetzt.

Behandlung der sonstigen Ursachen

Bei Fehlbildungen der Speiseröhre wird meist eine operative Therapie angestrebt. Ist dies nicht möglich oder liegen neurologische Ursachen vor, können bei Reflux auch Protonenpumpenhemmer abhängig von der Grundkrankheit eingesetzt werden.